Was erwartet dich als pflegender Angehöriger, wenn eine geliebte Person eine Rückenmarkverletzung verarbeiten muss?
Nachdem eine geliebte Person eine Rückenmarkverletzung erleiden musste, wird sie viele verschiedene Emotionen durchleben. Diese Art von Verletzung verändert das ganze Leben. Wenn die Umstände zudem traumatisch waren, kann es sogar noch schwieriger sein, diese zu bewältigen.
Jeder verarbeitet seine Emotionen und Erfahrungen anders. Meistens geht man durch mehrere Phasen während man versucht, mit seiner Verletzungen zurechtzukommen und diese Schritt für Schritt völlig zu akzeptieren.
Manchmal können diese Phasen der Bewältigung als die fünf Phasen der Trauer bezeichnet werden. Nicht alle Menschen durchleben diese in der gleichen Reihenfolge. Oftmals treffen sie jedoch auf jede Phase an einem bestimmten Punkt. Hier findest du die typischste Reihenfolge der Verarbeitung.
Das Leugnen
Die erste Phase ist häufig das Leugnen. Diese Phase kann ein ganzes Spektrum von Emotionen beinhalten. Manche Menschen sind verwirrt und aufgeregt. Andere verweigern anzuerkennen, was passiert ist. Eventuell lassen sie sich von den Pflegekräften nichts sagen, nehmen die ärztlichen Anweisungen nicht an oder sie wirken, als hätten sie eine komplett andere Persönlichkeit. Häufig kommt es vor, dass die Person das Gespräch zu Freunden und Familie verweigert und sich komplett von den anderen abschottet.
Der Zorn
Zorn kann mit dem Leugnen zusammenfallen oder in einer eigenen Phase vorkommen. Er beginnt meistens, wenn deine geliebte Person aus der Phase des Leugnens herauskommt, und realisiert, was wirklich passiert ist. Das Maß des Zorns kann dabei von den Begleitumständen beeinflusst werden, durch die sie die Rückenmarksverletzung erlitten hat. Wahrscheinlich ist sie wütend auf die Person, die die Verletzung verursacht hat – ganz gleich ob sie es selbst war, ein Freund, ein Familienmitglied oder ein Fremder.
Nochmals zur Erinnerung, die Länge dieser Phase kann ebenfalls davon abhängen, wie traumatisch das Ereignis war, und wie viele Erinnerungen verarbeitet werden müssen.
Das Verhandeln
Das Verhandeln erfolgt üblicherweise als nächstes. Während der Verhandlungsphase wird deine geliebte Person wahrscheinlich den Wunsch äußern, zurück zu dem Punkt zu gehen, an dem die Dinge wie vorher waren. Sie stellt dann Behauptungen auf, dass sie alles Erdenkliche dafür tun würde. Manche Aussagen können dabei unrealistisch sein, wie beispielsweise der Wunsch, in der Zeit zurückzugehen und ein „besserer Mensch“ zu sein, als wäre die Verletzung eine Art Bestrafung. Andere reden eventuell über Dinge, die sie nun dagegen tun können, wie beispielsweise sich in der Reha besonders anzustrengen, sich gesünder zu ernähren oder nach neuartigen Therapieformen zu suchen und diese auszuprobieren. Andere wiederum wenden sich religiösen Ritualen zu.
Die Depression
Nachdem die Phasen der Wut und des Verhandelns überwunden wurden, wird deine geliebte Person voraussichtlich eine Zeit der Depression erleben. Sie wird sich so fühlen, als wäre ihr Leben nicht mehr lebenswert, oder dass die Dinge nie wieder gut sein werden. Die meisten Menschen schaffen es letztendlich aus der Phase der Depression heraus, wobei sie eventuell von einer Beratung profitieren oder Medikamenten, die ihnen dabei helfen, diese Phase zu durchleben. Andere Strategien, wie beispielsweise Tagebuch schreiben oder positives Denken zu üben, können ebenso hilfreich sein.
Obwohl die Depression ein üblicher Teil des Bewältigungsprozesses ist, ist es wichtig, nicht in dieser Phase hängen zu bleiben. Versuche soweit wie möglich sicherzustellen, dass deine geliebte Person während dieser Phase geborgen ist und unterstützt wird.
Die Akzeptanz
Die letzte Phase der Krankheitsbewältigung ist die Akzeptanz. Akzeptanz stellt dabei nicht das Ende des Weges dar, sie ist eher wie der Anfang zu betrachten. Deine geliebte Person hat nun die Tatsache akzeptiert, dass sie nicht ändern kann, was passiert ist. Sie beginnt ihr Denken umzustellen von „Es hat keinen Sinn weiterzumachen“ zu „Wie kann ich das Beste daraus machen?“
An diesem Punkt ist sie vielleicht bereit mit Dingen zu starten wie beispielsweise an Behindertensport teilzunehmen, Umbauten für ihr zu Hause zu planen, sich um anpassbare Ausrüstung zu kümmern oder einer Rollstuhl-Selbsthilfegruppe beizutreten.
Das Wichtigste für dich als pflegender Angehöriger ist, dass all diese Phasen üblich sind und erwartet werden können. Unterstütze deine geliebte Person also so gut es geht, wenn sie diese Phasen durchlebt. Hilf ihr in ganz konkreter Art und Weise, wie etwa sie zu einem Arzttermin zu begleiten. Nimm ihre Empfindungen ernst und bestätige diese. Hilf gleichzeitig dabei, sie Schritt für Schritt auf den Weg zur Akzeptanz zu geleiten.
Autor: Annie Beth Donahue
www.anniebethdonahue.com